

Bin ich, was ich lese?
Wer schreiben will, muss lesen. Was wie eine billige Bauernweisheit klingt, hat im Innersten aber durchaus einen wahren Kern. Denn ohne unseren täglichen Input würde uns ganz klar auch die Fähigkeit abgehen, zu schreiben.
Natürlich lässt sich dieser Input nicht allein durch das geschriebene Wort aufnehmen. Im Jahr 2015 bedeutet kreativer Input eine Vielzahl von Medien, die uns jeden Tag begegnen: Bücher, Zeitschriften, Nachrichten, Online ebenso wie Offline. Das Plakat am Straßenrand, ein Fetzen eines Radiobeitrags, das zufällig geklickte Video auf einer Videoplattform oder der Link zu einer beliebigen Seite irgendwo in den sozialen Netzwerken.
Informationsflut lässt sich steuern
Input ist heute Informationsflut. Informationsflut, die selektiert werden will und muss. Um runterzukommen, greife ich deshalb gerne mal wieder auf Gedrucktes zurück. Und mal ehrlich: Als Schreiber liebe ich natürlich Bücher und Zeitschriften. Das Schöne daran? Was gedruckt ist, verändert sich nicht so schnell wie alles andere. Für mich eine Möglichkeit, mal innezuhalten.
Ab und an möchte ich die ganzen Informationen, die auf mich einprasseln, auch mal ausblenden. Also Laptop zuklappen, Smartphone ausmachen, und lesen. Ohne, dass eine Email reinploppt, eine SMS ankommt, ein Werbebanner mich zum Klicken verleiten will.
Letzte Woche habe ich eine neue Zeitschrift für mich entdeckt. Ok, mehr ein Magazin. Zeitschrift klingt immer so … nach Zeitvertreib, Freizeit, bei Frauen gerne in Form von Vogue oder Cosmopolitan, bei Männern als GQ, Beef oder Wired. Deshalb eher ein Magazin. Wovon ich spreche, ist das neue Magazin des Stern, Crime mit Namen, das gerade in der zweiten Ausgabe vorliegt und in meinem Bücherregal definitiv ein Sammelobjekt werden könnte.
Inspiration durch die richtige Inspiration
Dieser Artikel soll gar nicht dazu diesen, Crime zu rezensieren. Dass ich seit langem aber mal wieder eine Zeitschrift von Cover zu Cover gelesen habe, hat mich dann doch zum Nachdenken gebracht. Dass ich mich voll und ganz auf eine Reihe von zugegebenermaßen gut recherchierten und professionell aufgemachten Artikeln konzentrieren konnte, ist eher eine Seltenheit. Zu sehr bin auch ich geprägt vom modernen, sprunghaften Leseverhalten.
Vor ein paar Monaten arbeitete ich gerade an einem Drehbuch-Pitch für eine Krimiserie. Wie inspirierend hätte Crime für mich zu diesem Zeitpunkt sein können! War aber noch nicht auf dem Markt. Und ganz automatisch stellen sich in meinem Kopf Fragen ein:
Wäre mein Pitch thematisch ganz anders ausgefallen?
Hätte ich mir eine vollkommen andere, auf einer Tatsachen beruhende Geschichte ausgedacht?
Hätte das den Pitch besser oder schlechter gemacht?
Gibt es einen richtigen Zeitpunkt für Inspiration?
Inspiration kommt, wenn sie kommt. Und sie ist immer irgendwie richtig. Mein nächstes Projekt könnte durchaus von einer der Geschichten, die ich gerade gelesen habe, inspiriert sein. Aber beruhte nicht auch der besagte Pitch auf einem Input, den ich irgendwo mitgenommen hatte?
Vielleicht darf man Inspiration auch nicht beeinflussen wollen. Denn sie ist ein zartes Geschöpf, das gehegt und gepflegt werden will. Ein Schriftsteller ohne Inspiration? Schwierig. Denn wenn die Inspiration ausbleibt, dann haben wir ganz bestimmt ein Riesenproblem.
Es funktioniert: Inspiration lesen
Und letztendlich: Ja, ich bin, was ich lese, genauso wie ich bin, was ich erlebe. Denn die Summe der Erfahrungen, egal auf welchem Wege sie zustande kommen, machen doch das aus, was ich als Autor zu Papier bringe. Was Autoren so alles lesen können (oder sollten), hat Andreas Schuster in seinem Blog Schreiben und Leben zusammengefasst.