

In der Entwicklung einer Filmidee für ein fiktionales Projekt müssen wir uns mit vielen Fragen beschäftigen und uns einen Kopf um die verschiedensten Dinge machen. Ein Aspekt sorgt gerne dafür, dass sich dabei im Kopf zunächst einmal ein Knoten bildet. Ich spreche von Raum und Zeit einer Geschichte. Sobald wir die durchgehende Zeitlinie unserer Story verlassen oder diese durchbrechen, brauchen wir eine Strategie, mit der wir drohende Logikprobleme und eventuelle Wissensvorsprünge fest in der Hand behalten.
Ein Film, eine Serie, aber auch ein Roman muss in einer konkreten Zeit und an einem konkreten Ort spielen. Konkret bedeutet nicht, dass Zeit und Raum unserer Geschichte in der Realität existieren müssen. Sie müssen sich vielmehr nach der inneren Logik unserer Story richten, die ja ebenfalls ein zentrales Element einer Filmidee ist. Wir müssen in der Entwicklung also darauf hinarbeiten, dass Zeit und Raum im Kosmos unserer Filmidee logisch und sinnvoll gesetzt erscheinen.
Die Story verorten
Das Ziel unserer Filmidee ist, alle Aspekte der Entwicklung miteinander zu verbinden. Auf der einen Seite haben wir die zentrale dramatische Frage, auf der anderen Seite begleiten wir Figuren und Charaktere, die ein bestimmtes, persönliches Ziel verfolgen. Nicht nur diese beiden müssen auf sinnvolle und innovative Weise miteinander verwoben werden: Sie können erst stattfinden, wenn wir ihnen eine Folie geben, auf der wir sie verorten – Zeit und Raum.
Was wir brauchen, ist ein wiedererkennbares Universum.
Das kann eine völlig frei erfundene Welt sein – von Matrix über Mittelerde bis zu Avatar gibt es viele Beispiele, in denen Fantasiewelten wunderbar funktionieren und ihren Zweck erfüllen. Es kann aber auch ein reales Straßennetz einer deutschen oder europäischen Metropole sein, ein erfundenes Dorf, das auf echten Beispielen basiert oder das Bürohaus um die Ecke. Wie auch immer wir unsere Welt gestalten, sie muss in sich geschlossen und echt genug sein, dass sie einen glaubhaften Hintergrund für unsere Figuren und deren Handlungen bildet.
Wir müssen eine Welt erzählen, die wir später auf dem Bildschirm zum Leben erwecken. Und auch ein Roman muss entsprechend akkurat mit Informationen über seine Welt umgehen, auch wenn im Kopf eines jeden Lesers ein eigenes, abgewandeltes Bild auf der Basis der Informationen, die der Roman gegeben hat, entsteht. Wissen wir noch nicht, wie genau das, was wir später auf dem Bildschirm sehen wollen, aussehen soll, ist die Entwicklung von Zeit und Raum wahrscheinlich noch nicht abgeschlossen.
Raum: Vom Kammerspiel bis zur Weltreise
Anders als ein Theaterstück oder eine TV-Serie (vor allem Sitcoms) sind Ideen für Filme, horizontal erzählte Serien oder Romane nicht auf einen bzw. eine begrenzte Anzahl von Räumen bzw. Orten festgelegt. Abhängig vom Thema und der zentralen dramaturgischen Frage kann eine Filmidee z. B. ein Kammerspiel sein. Dieses spielt nur an einer sehr begrenzten Anzahl von Orten (bis hin zu einem einzigen Ort) und zieht seine Dramatik aus der sich verändernden Beziehung zwischen seinen Figuren.
Andererseits kann sie, z. B. bei einem Roadmovie, eine Vielzahl von Orten bedienen, die sich über eine Stadt, ein Land oder sogar die ganze Welt erstrecken können. Zwischen den beiden Extremen gibt es unzählige Abstufungen, wobei sich die Verteilung des Raums stets nach den Anforderungen der Geschichte richten sollte. Wir sprechen hier vom sogenannten Worldbuilding: Ähnlich wie die Ziele einer Figur der inneren Logik dieser Figur folgen, so sollten auch die Orte, die ein fester Teil unserer Filmidee sind, sich an der inneren Logik der Geschichte orientieren, um dramaturgisch begründete Orte zu erschaffen.
Zeit: Gegenwart, Vergangenheit, Zukunft
Eine ebenso wichtige Rolle wie der Raum, in dem wir unsere Geschichte verorten, ist das Zeitgefüge. Wir können eine Handlung in der Gegenwart, in der Vergangenheit oder in der Zukunft erzählen. Welchen Zeitraum, welche Epoche wir dabei auswählen, richtet sich in der Regel nach der Geschichte und dem Thema, das wir erzählen möchten, selbst.
Um die innere Logik kommen wir aber wiederum nicht herum. In der Vergangenheit oder Zukunft sollte eine Story nur dann spielen, wenn es einen dramaturgischen Sinn ergibt. Ein Thema, das sich genauso gut in der Gegenwart erzählen lässt, müssen wir nicht in Vergangenheit oder Zukunft erzählen, nur weil wir es gut finden, das zu tun. Zum einen ist eine Filmidee, die in der Gegenwart spielt, leichter zu realisieren. Zum anderen sollten wir darauf hören, was die Story verlangt.
Natürlich gibt es eine Menge Geschichten, die sich nur und ausschließlich in der Vergangenheit, in der Zukunft oder in einer erfundenen Parallelwelt erzählen lassen. Haben wir einen Stoff gefunden, auf den das zutrifft, haben wir aber noch zwei wichtige Aufgaben. Erstens: Diese Welt so zu bauen, dass sie in sich logisch erscheint und keine Lücken aufweist, die durch die Handlung aufgedeckt werden. Zweitens: Den Aspekt herausarbeiten, warum diese Geschichte für das zeitgemäße Fernsehen oder Kino relevant ist.
Teil 1 dieser Reihe beschäftigt sich mit Erzählformen und universeller Wahrheit.
Teil 2 dreht sich um die Abgeschlossenheit des Plots und die Ziele der Figuren.
In Teil 4 liest du in Kürze über die Frage: Ergibt der Film Sinn?