

Die Schreibblockade ist unter Autoren das enfant terrible. Denn gibt es etwas schlimmeres für einen Autor, als nicht mehr schreiben zu können? Vermutlich nicht. Allerdings stellt sich die Frage, was genau wir eigentlich unter einer Schreibblockade verstehen.
Genau so wie unzählige Autoren schon mindestens eine waschechte Schreibblockade hinter sich gebracht haben, sind andere der Meinung, dass es sie schlichtweg nicht gibt. Alles Einbildung?
Schreibblockade ist nicht gleich Schreibblockade
Wenn wir uns die Frage stellen, was eine solche Blockade eigentlich ist, gilt es zu differenzieren. Zumindest, wenn wir uns vor Augen führen, wie viele unterschiedliche Meinungen zum Thema Schreibblockade existieren. Was für die einen eine reine Erfindung ist, kann das für die anderen Realität sein?
Bevor wir in philosophische Grundsatzdiskussionen abrutschen, kehren wir zurück zum Thema. Den Anstoß zu diesem Artikel hat ein Interview mit einer bekannten US-amerikanischen Autorin gegeben, das ich kürzlich gelesen habe. Ich komme auch gleich darauf zurück, wer sie ist, denn in ihrer Welt gibt es keine Schreibblockaden.
Nicht schreiben können – eine Empfindsamkeit?
Ich war nämlich immer der Meinung, dass eine Schreibblockade natürlich existiert und dass niemand davor gefeit ist, in diese Falle zu tappen. Nicht dass ich daraufhin in ständiger Angst davor gelebt (und geschrieben) habe – denn je mehr man verkrampft versuchen würde, eine solche zu vermeiden, desto eher klopft sie vermutlich an unser übervolles Hirn und bricht einen Streik vom Zaun.
Als ich dann gestern auch noch ein Interview mit einem anderen Autoren las, der in die gleiche Kerbe hieb – auch dazu gleich mehr – ließ mich das Thema nicht mehr los.
Ich fragte mich also, ob eine Schreibblockade vielleicht eins dieser Phänomene ist, das sich für jeden anders anfühlt und das für jeden etwas anderes bedeutet. Sind Empfindsamkeiten und Emotionen so eng mit ihr verknüpft, dass dieselbe Schreibsituation für den einen nur eine kleine Hürde ist, für einen anderen aber ein Riesenproblem?
„Man setzt sich auf seinen Hintern und schreibt.“
Die Autorin, von der ich oben gesprochen habe, ist Kathy Reichs, ihres Zeichens Autorin von knapp 20 Thrillern rund um die forensische Anthropologin Temperance Brennan – eine Heldin meiner Jugend und nicht zuletzt einer meiner all time favorites der internationalen Serienlandschaft.
Reichs schießt pro Jahr locker einen Roman aus der Hüfte, jedenfalls hat sie das über einen langen Zeitraum geschafft, und berät nebenbei noch die Serie über ihr Alter Ego, die nun in die 12. und letzte Staffel geht. Eine Schreibblockade dürfte fernab ihrer Realität sein, und folgerichtig sagt sie auch im Interview, dass sie so etwas nicht kennt (Interview in der CRIME, Heft 12). Und es klingt wunderbar bodenständig, wenn sie sagt: „Man setzt sich einfach auf den Hintern und schreibt.“ Und Punkt.
„It was hot and bright, and the houses were sharply white.“
Das zweite Interview, das mich zum Nachdenken brachte, war eines mit James Lee Burke (ebenfalls in der CRIME, Heft 10), wo er sagt:
„Ich habe nie an diesen Quatsch geglaubt. Schreibblockade. (kritzelt auf ein Stück Papier und liest vor) It was hot and bright, and the houses were sharply white. Ein einfacher und doch großartiger Satz von Hemingway. So fängst du an, dann schreibst du den nächsten Satz, dann den nächsten.“
Auch seine Sichtweise ist wunderbar unprätentiös – dem Aufkeimen einer Blockade mit einem simplen Rezept zu begegnen: Schreiben. Und ist es nicht genau das, was wir am liebsten tun?
Hat Schreibblockade etwas mit Mentalität zu tun?
Leider habe ich kein Interview oder Zitat eines deutschen Autors zu dieser Frage gefunden. Denn an dieser Stelle wird es, anthropologisch gesprochen, interessant. Schließlich besitzen Amerikaner eine ganz andere Mentalität als wir Europäer und insbesondere wir Deutschen, die Nachfahren des Geniedichters Goethe.
Die hohe Literatur ist etwas, das uns Ehrfurcht einflößt, und so stehen viele Autoren (was nicht heißen muss, dass du oder ich dazugehören) immer noch unter dem Einfluss, dass ein Autor dem Geniegedanken gerecht werden muss. Literatur, ganz gleich ob edle Dichtung oder ein Poproman, sieht sich stets in der Tradition der großen Dichter und Denker. Puh.
Dabei sind wir doch in erster Linie nur eins: Menschen, die nicht anders können als zu schreiben. Aber warum quälen wir uns dann so damit? Da liegt mir in diesem Fall die amerikanische Denkweise ein Stück weit näher: Auf den Hosenboden setzen und schreiben, schreiben, schreiben. Weil es anders nicht geht, und weil es letztlich doch ein Handwerk ist. Vom Tellerwäscher zum Millionär gelangt man eben auch nur durch Einsatz und harte Arbeit.
Und wenn dann mal doch nichts geht?
Ich habe zum Glück noch nie eine echte Schreibblockade gehabt. Und vermutlich bin ich selbst ein bisschen Schuld daran, sollte ich eine bekommen. Denn, dessen bin ich mir inzwischen relativ sicher, eine solche Blockade ist immer ein Spiegel dessen, was wir empfinden.
Vielleicht ist es eine sichere Nummer, die Existenz des Phänomens Schreibblockade anzuzweifeln, und einfach zu schreiben, sich mehr auf das Handwerk zu berufen und nicht alles zu verkopft zu betrachten. Und ansonsten gibt es ja noch den einen oder anderen Trick, um wieder ans Schreiben zu kommen.
Was meinst du dazu? Hast du schon mal eine Schreibblockade gehabt? Oder glaubst du eher an Handwerk und Disziplin?
2 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Eine Schreibblockade ist oft ein Ausdruck davon, das etwas nicht stimmt mit dem was man schreiben möchte. Manchmal ist es auch der eigene Anspruch mit den man in den ersten Entwurf zu schreiben gedenkt.
Es ist, so meine Erfahrung, immer schwer absichtlich schlecht zuschreiben um sich nicht selber auszubremsen.
Und schon ist man dabei selbst in dem ersten Entwurf zu verbessern und dann bricht die Kreativität zusammen.
Ein Trick, um das gleichzeitige Schreiben und Überarbeiten zu vermeiden, ist, während des ersten Entwurfs nicht nach hinten zu sehen. Das fällt den meisten schwer, denn der Hang zu korrigieren ist scheinbar in uns angelegt. Allerdings bricht dabei, wie du auch schreibst, schnell die Kreativität bzw. der Schreibfluss zusammen. Es kostet Überwindung, das Geschriebene bis zum Beenden des Entwurfs unkorrigiert stehen zu lassen, doch es hilft dabei, eine 1. Fassung unter Ausnutzung des Schreibflusses fertigzustellen, um dann erst an die Korrektur zu gehen.