

Im digitalen Zeitalter 2.0 (manch einer ist vielleicht schon bei 3.0 angekommen) ist Schreiben längst nicht mehr gleich Schreiben. Handschriftliche Entwürfe und selbst die Schreibmaschine haben schon seit langem ausgedient und sind allenfalls noch Liebhaberstücke.
Seit Jahren schreiben wir digital – aber welche Möglichkeiten und Tools können Autoren heute nutzen, um ihre Texte möglichst effizient schreiben und veröffentlichen zu können? Ich habe mich mal auf die Suche gemacht und ein paar praktische Programme entdeckt.
Verhindert Gewohnheit technische Neuerungen?
Ich gebe zu: Ich bin ein Gewohnheitstier. Ich mag es, wenn Technik funktioniert und ihre Funktionen sich vertraut anfühlen. Was ich nicht mag, ist wenn ich mich erst stunden-, tage-, wochenlang in ein neues Programm hineinfuchsen muss. Ich schreibe seit Jahren alle meine Texte in Word. Naja, fast. Einzig zum Drehbuchschreiben bin ich auf ein spezielles Programm gewechselt, das alle Features, die ein Drehbuch braucht, vorinstalliert hat. Und das sind einige, aber das sei an dieser Stelle hintangestellt.
Schreibprogramme sind praktisch. Texte lassen sich abspeichern und weiter bearbeiten, kopieren, verändern, mit Links versehen, hochladen. Alte Hüte. Und mal ehrlich: So richtig offline schreibt heute doch eigentlich kaum jemand mehr. Off-offline, d.h. außerhalb des Laptops passieren bei mir nur noch Notizen, Skizzen und Briefe. Der Rest? Abgespeichert auf meiner doppelt abgesicherten Festplatte.
Um meine Projekte in Zukunft noch besser planen zu können, habe ich mich mal umgesehen, was es so für Möglichkeiten gibt. Die Programme, die ich gefunden und für interessant befunden habe, möchte ich dir nicht vorenthalten.
Vor dem Schreiben: Gedanken organisieren
Je größer dein Schreibprojekt ist, desto wichtiger ist es, deine Gedanken zu strukturieren in eine Reihenfolge zu bringen, bevor du mit dem Schreiben beginnst. Und auch wenn es sich vielleicht nicht so anfühlt: Schreiben fängt schon beim Ideen sammeln an.
Neben dem klassischen Notizbuch bietet das Internet eine Flut an online und offline nutzbaren Programmen, mit denen sich Ideen sammeln und organisieren lassen:
Mindmeister: Ein onlinebasiertes Tool zum Organisieren, Mindmapping und Planen von Projekten. Das Tool lässt sich nicht nur für deine eigenen Notizen nutzen, sondern du kannst dich auch mit anderen Nutzern verbinden und in Echtzeit mit ihnen zusammenarbeiten.
XMind: Im Gegensatz zu Mindmeister eine Download-App für Windows und Mac. Eine verkleinerte Nutzerversion gibt es umsonst, die Pro-Version aber kostet Geld. Mithilfe einer eigenen Cloud lassen sich die Mindmaps auf verschiedenen Rechner synchronisieren und bearbeiten.
Wridea: Ebenfalls onlinebasiert, aber anders als die Mindmap-Tools kannst du hier deine Ideen und Notizen einzeln ablegen, mit Freunden und Kollegen teilen und weiter bearbeiten. Nur auf Englisch.
Tinderbox: Extrem detailliertes und feingeschliffenes Tool zum Notizen Ordnen, Visualisieren, Analysieren und Teilen. Gibt’s bisher nur für den Mac und ist ziemlich teuer.
Keeeb: Eine Art Pinterest für Textausschnitte, Bilder und andere Webinhalte und damit für mich als Liebhaberin des kleinen roten Pins die spannendste Alternative und den Tools zum Projekte Planen. Gut, Pinnwände mit Inhalten, die ich abspeichern möchte, kennen wir. Neu ist, dass sich hier selbst definierte Textausschnitte „pinnen“ oder „keeeben“ lassen. Und das ist, wenn man auf der Suche nach Input für das nächste Buch ist, perfekt. Nach und nach kann man mit Keeeb eine eigene Datenbank an Wissen zu unterschiedlichen Themen anlegen und diese für alle oder nur für einen selbst sichtbar machen.
Es geht an die Tasten: Schreibprogramme
Deine Ideen sind da, sortiert und vorgeformt – super, dann kann es ja losgehen. Ran an den Speck bzw. die Tastatur. Aber was bietet der Markt abseits des klassischen Office-Pakets der bekannten Firma mit M. und seinem kostenlosen, aber leider wenig überzeugenden Bruder OpenOffice?
Was mir bei Word fehlt, ist die Möglichkeit, innerhalb eines Projekts mehrere Seiten anzulegen und zu verwalten. Seien es Figurenbeschreibungen und Settings für einen Roman oder Hintergrundinfos für meinen nächsten Ratgeber, immer muss etwas in andere Dokumente ausgelagert werden.
Und an dieser Stelle wird es interessant, sich auch mit anderen Schreibprogrammen auseinanderzusetzen. Die fangen nämlich schon bei der Planung eines Projekts an und nicht bei der ersten Seite Text, und bieten Möglichkeiten, um Notizen, Recherche-Ergebnisse und anderes Material innerhalb desselben Projekts zu verwalten.
Scrivener: Als komplettes Schreibstudio versammelt Scrivener alle Dokumente und Tools, die du normalerweise auf deinem Desktop ablegst, in einem einzigen Programm. Ergebnisse aus der Recherche, Figurenbeschreibungen, farblich markierte Storylines und weitere Tools erleichtern es dir, einen Roman oder einen Ratgeber zu konzipieren. Im Moment das bestrezensierte und beliebteste Programm auf dem Autorenmarkt. Gibt es für Mac und Windows.
Papyrus: Enthält ebenfalls organisierende und planende Elemente, legt aber auch den Fokus auf den Text selbst. Um Dialoge zu überprüfen, lässt sich die wörtliche Rede hervorheben, und eine Stilanalyse hilft dir in Sachen Bandwurmsätze und Füllwörter auf die Sprünge. Auf dem hinter dem Textdokument gelagerten „Klemmbrett“ lassen sich Bilder, Notizen und Textfragmente zwischenspeichern. Mit den Überprüfungsfeatures vor allem für deutsche Autoren interessant.
Storyist: Speziell für den Mac ausgelegtes Schreibprogramm und auf Roman- und Drehbuchautoren zugeschnitten. Mit Storyist hast du deinen Plot im Blick, kannst Verknüpfungen herstellen, Handlungsstränge auseinanderhalten und zusammenfügen.
Ulysses: Ebenfalls nur für den Mac erhältlich. Sehr strukturiertes, in sich organisiertes Programm mit einer eigenen Bibliothek, verschiedenen Tools, um den Text zu bearbeiten. Es ist bewusst simpel gestaltet, intuitiv bedienbar und lenkt den Fokus auf das Wichtigste: Das Schreiben.
Diese Programme kosten übrigens alle Geld. Keins davon ist unerschwinglich, und eine kostenlose Probeversion gibt es immer.
Die Qual der Wahl
Selbstverständlich ist das nicht alles, aber jedes einzelne Programm auseinanderzunehmen wäre an dieser Stelle sicherlich zu viel. Auf dem Markt gibt es unzählige Programme, und jedes spricht in seiner Benutzeroberfläche einen anderen Autoren an. Welches das richtige ist? Das kannst du nur herausfinden, indem du dich auf das Abenteuer einlässt.
Egal, ob du eher der Post-it-Jongleur bist oder ein digital Native, im Wald der Schreibprogramme findest du garantiert das richtige Tool für dein nächstes Projekt.
Habe ich ein ganz besonderes Tool vergessen? Hinterlass mir einfach einen Kommentar oder schreib mir eine Email mit dem, was dich besonders interessiert!
Meine Auflistung ist natürlich höchst subjektiv – dir machen vielleicht ganz andere Programme Spaß, und das ist auch gut so. Schließlich gäbe es sonst auch keine so große Vielfalt 😉 Ach ja – übrigens werde ich von keinem dieser Programme dafür bezahlt, für sie Werbung zu machen.
10 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Liebe Christine,
Ich bin ein Scrivener-Fan, alleine die Projektorganisation ist fantastisch und ich kann Szenen nach Belieben verschieben und mit Infos, Perspektive, Kurzinhalt, beteiligten Figuren usw. versehen. Sehr flexibel! Außerdem ideal zum Plotten.
Manche Sachen schreibe ich trotzdem mit der Hand. Einen Cluster zum Beispiel, oder ein Figurentagebuch. Weil man anders denkt, wenn man mit der Hand schreibt, für die Kreativität und Assoziationsketten ist das ungemein förderlich. Und wenn ich die Ergebnisse elektronisch haben will, scanne ich sie eben ein und füge sie dem Scrivener-Projekt hinzu 😉
Liebe Grüße
Barbara
Ja, liebe Barbara, Scrivener hat mich auch am meisten angesprochen. Es hat eine wirklich nette Benutzeroberfläche (als Mädchen achte ich da ja auch auf ein ansprechendes Design ;)) und ist vor allem nicht unerschwinglich teuer. Dass man in manchen Dingen nicht ums Handschreiben drumherumkommt, ist ja klar. Und eigentlich genieße ich das Handschreiben auch ein bisschen. Schließlich muss man zwischendurch die grauen Zellen auch mal anders bedienen! Liebe Grüße, Christine
Wieso läuft Papyrus auf dem Mac nur eingeschränkt? Kann ich nicht bestätigen. Ich nutze es seit Jahren auf dem Mac und es läuft in vollem Funktionsumfang.
Wie kommt es zu dieser seltsamen Aussage?
Hallo Lars, danke für den Hinweis, das werde ich noch mal überprüfen. Danke und Gruß, Christine
Liebe Christine,
toller Beitrag! Ich benutze so gut wie kein Papier zum Planen, Schreiben und Überarbeiten.
Unterwegs mach ich mir gern Notizen mit der App Evernote, die man sowohl auf dem Handy, als auch auf dem Computer installieren kann. Ganz besonders toll ist, dass man die Notizen auf den unterschiedlichen Geräten dann auch noch synchronisieren kann ?
Papyrus, das Programm, das ich zum schreiben nutze, beinhaltet seit der neuesten Version auch ein Mindmapping-Tool, wodurch nun auch das Planen mit diesem Programm möglich ist ?
Liebe Grüße
Jill
Liebe Jill, vielen Dank für dein Feedback! Ja, Evernote ist auch ziemlich cool, das nutze ich auf dem Tablet, wenn ich dort Notizen mache. Ach, es gibt einfach eine solch unglaubliche Flut an Apps und Programmen für Autoren, dass man die gar nicht zusammenfassen kann, ohne gleich ein Buch zu schreiben. Wünsche dir einen schönen Tag, Christine
Hallo zusammen. Vielen Dank für eure Tipps. Bei mir läuft am Ende doch immer wieder alles auf Zettel hinaus. Ich schreibe sämtliche Punkte, die in meinem Buch vorkommen sollen, auf einzelne Karteikarten, werfe diese auf den Boden und schiebe sie so lange hin und her, bis ein Kreis entsteht; bis alles logisch aneinander liegt.
Nach dem Motto „das Ende gibt den Anfang vor“, entsteht so immer ein runder Plot, den ich in scrivener übertragen kann.
Hej Andreas, interessant dass doch immer noch ganz viele Autoren nicht um die Zettelwirtschaft herumkommen! Papier ist eben echt geduldig, und man kann es auf dem Tisch herumschieben und trotzdem den Überblick behalten. Und dann denke ich mir immer: „Wenn ich das doch genau so in digital könnte“, und merke, dass es bei allen Programmen, egal wie toll sie sind, immer eine Einschränkung gibt: den begrenzten Bildschirm, der eben nur einen Ausschnitt meines Blickfeldes bedient!
Schöne Zusamenstellung. Vor allem diese Pinterest-Variante mit ungewöhnlich vielen Vokalen werde ich mir mal anschauen.
Als Ergänzung zu den Schreibprogrammen könnte man noch yWriter anführen. Das ist quasi das kleine aber dafür kostenlose Scrivener. Für Leute mit eher leerem Geldbeutel, bestimmt eine gute Alternative.
Hi Marcel, ja dieser Pinterest-Verschnitt hat es mir auch echt angetan. Wenn ich den so richtig ausgetestet habe, werde ich sicher noch mal berichten. Pinterest ist ja schön und gut und praktisch, aber für Autoren eben nur bedingt als Ideenboard nutzbar. Danke für den Hinweis zu yWriter – das werde ich die Tage mal noch einarbeiten!