

Deutsche Sprache, schwere Sprache. Nicht nur wer Deutsch als Fremdsprache lernt, hat öfter mal ein Fragezeichen quer im Gesicht stehen. Auch wer die deutsche Sprache als Muttersprache bezeichnet, stolpert doch zuweilen über eine Formulierung von ungeheuerlichem Kaliber, die an der Stelle, an der sie steht, mal so gar nicht passt. Eine Frage des Schreibstils?
Denn die deutsche Sprache hält immer wieder kleinere oder größere Fallstricke für uns bereit. Sprachstil ist ein großes Thema, vor allem wenn es um das geschriebene Wort geht. Welche Wortwahl, welcher Stil ist wann angemessen?
Und überhaupt: Warum klingt ein Blog anders als ein Fachbeitrag? Was unterscheidet einen Jugendroman sprachlich von einem Thriller? Und warum ist die Zielgruppe für einen Ratgeber oder ein Sachbuch so ungeheuer wichtig?
Was die Sprache transportieren soll, bestimmt ihren Stil
Wenn man schreibt, sollte man sich immer schon im Vorhinein überlegen, was man mit seinem Text (egal in welcher Form) transportieren will und wen man damit anspricht. Heißt im Klartext: Du brauchst A) eine Aussage und B) eine Zielgruppe.
Deine Zielgruppe bestimmt den Stil
Fangen wir mit der Zielgruppe an: Ein Ratgeber zum Gitarre spielen lernen ist anders geschrieben als ein Fachbuch für Informatiker. Ein Vampirroman für Jugendliche nutzt eine andere Sprache als ein knallharter Thriller für Erwachsene. Ein Blog für digitale Nomaden hat ein anderes Wording als die Internetseite einer Unternehmensberatung für große Firmen.
Im Grunde liegen die Unterschiede klar auf der Hand: Wer gerade mit dem Gitarre spielen anfängt, braucht eine einfache Erklärung, wie das geht. Ein Informatiker bringt schon eine Menge Grundwissen auf seinem Fachgebiet mit und kann auch mit der Verwendung einer entsprechenden Fachsprache umgehen. Kinder und Jugendliche kommen besser mit einer weniger komplexen Satzstruktur zurecht als Erwachsene. Deshalb darf ein klar auf Erwachsene zugeschnittener Roman auch längere und kompliziertere Sätze enthalten als ein Kinder- und Jugendbuch, das einen einfachen Lesefluss ermöglichen soll.
Und was ist mit der Aussage?
Damit dein Text (Blog, Roman, Kurzgeschichte?) seine Zielgruppe erreicht, muss er natürlich auch etwas transportieren. Ist ja logisch, denkst du jetzt vielleicht, aber mal ganz ehrlich: Denkst du schon vor dem Schreiben an die Aussage? Mir passiert das auch immer wieder, dass ich erst mal drauflos schreibe, und dann erst darüber nachdenke, wo ich mit dem Text eigentlich hin will.
Aber wie finde ich denn meinen eigenen Schreibstil?
Schreibstil ist immer auch eine Frage der Persönlichkeit. Er hängt von deinem Charakter ab und von deinem Erfahrungshorizont. Einige Autoren schreiben ganz natürlich, andere schreiben so wie sie sprechen, wieder andere formulieren wahnsinnig umständlich. Aber keine Sorge: Stil kann man auch lernen. Hier stelle ich dir ein paar Tricks vor, wie du mit einfachen Mitteln deinen Schreibstil verbesserst:
1. Wer schreibt, der soll auch lesen
Du möchtest anschaulich schreiben? Nicht immer dieselben Wörter benutzen, sondern für Abwechslung sorgen? Dann nimm dir ein Beispiel an großen Autoren und verbringe viel Zeit mit Lesen und Schreiben.
Je mehr du liest, desto mehr bekommst du ein Gefühl für den Klang von Wörtern, Satzteilen und Sätzen. Dein Gehirn erinnert sich an besonders klingende Formulierungen und lässt sie quasi aus dir heraus aufs Papier fließen.
Aber nicht nur viel Lesen fördert deinen Schreibstil, auch das Schreiben selbst ist deine beste Waffe: Indem du beim Schreiben versuchst, nicht über jedes Wort nachzudenken, sondern die Sätze fließen zu lassen, wird dein Schreibfluss sich verbessern. Und irgendwann wirst du nicht mehr mühevoll an jedem einzelnen Satz basteln, sondern überarbeitest am Ende eines Absatzes oder Kapitels.
Ein kleiner Tipp am Rande: Beobachte deine Umgebung und nutze einfache, aber sehr konkrete Worte. Je konkreter deine Wortwahl, desto eher entstehen Bilder im Kopf deiner Leser.
2. Die „Löschen“-Taste ist Freund, nicht Feind
Du magst nicht wegstreichen, was du einmal geschrieben hast? Falsch: Streichen ist nicht nur nützlich, sondern auch notwendig. Denn vor allem dann, wenn du assoziativ schreibst und in einen Schreib-Flow kommst (die Worte also nur so aus dir heraussprudeln), benutzt du in der Regel jede Menge Füllwörter, Floskeln, Wiederholungen und anderen Kram wie überflüssige Adjektive, die am Ende nur das Geschriebene aufblähen, aber nicht zu dessen Mehrwert beitragen.
Mehrwert ist übrigens ein nicht besonders attraktives Wort, aber eines, das du dir merken solltest. Wenn du nämlich in einem Ratgeber oder in einem Roman nur so daherschwafelst, ohne dass etwas passiert, werden deine Leser entweder einschlafen oder das Buch aus lauter Langeweile zur Seite legen und nie wieder hineinsehen.
Also: Ran an Rotstift, Backspace und Entfernen und weg mit allem, was nur Beiwerk ist, das nicht schmückt.
3. Von Schachtelsätzen und Satzzeichen
Wahrscheinlich hast du irgendwann einmal gelernt, dass deine Sätze nicht länger als z.B. 20 Wörter sein sollen, dass du regelmäßig Punkte setzen sollst und dass du zu verschachtelte Sätze in mehrere Sätze aufbrechen sollst. Das waren jetzt übrigens gerade 34 Wörter. Zu lang? Kommt drauf an.
Ob Schachtelsätze okay sind oder nicht, hängt tatsächlich von der Textsorte ab. Je mehr du schreibst und je öfter du das Geschriebene liest, desto besser wird dein Gefühl für die optimale Länge deiner Sätze werden. Als Faustregel gilt: Wenn du beim Lesen stolperst, ist der Satz zu lang oder zu kompliziert.
4. Sei aktiv und vermeide passive Verben
Vor allem Romane leben von aktiven Charakteren. Nichts ist langweiliger, als eine Hauptfigur, die von anderen Figuren bestimmt wird und niemals selbst eine Entscheidung trifft oder handelt.
Was für Figuren gilt, kannst du auch auf deinen Schreibstil anwenden. Ob du schreibst Das Buch wird von mir auf den Tisch gelegt oder Ich lege das Buch auf den Tisch, ist ein Unterschied. Und auch ob der Brief dem Briefkasten entnommen wird oder ob Paul einen Brief aus dem Briefkasten fischt und direkt aufreißt, macht eine ganz schöne Menge im Kopf deiner Leser aus.
Ergo: Nicht die Objekte sollten die Substantive deiner Sätze sein, sondern die handelnden Figuren. Indem du versuchst, jede Passivkonstruktion in ein aktives Verb zu verwandeln, hast du schon viel gewonnen. Einwände? Ja, manchmal geht es einfach nicht ohne Passiv. Aber es sollte eine Ausnahme sein.
5. Wer ist der Erzähler?
Ich, er, sie, wir, oder gar du und Sie? Die grammatische Person, in der du schreibst, macht in Sachen Schreibstil eine ganze Menge aus. Beim Roman gilt: Ich, also die erste Person, macht das Geschriebene zu einer persönlichen Angelegenheit, der Leser kann sich besser identifizieren. Aber: du kannst immer nur eine Figur genau kennenlernen. Schreibst du in der dritten Person, also er, sie und es, weiß dein Erzähler mehr über alle Figuren (aus der Schule kennen wir noch den personalen und den allwissenden Erzähler), aber es wird weniger persönlich.
Wichtig ist, dass du nicht zwischen der Erzählform springst, denn das verwirrt deinen Leser.
Noch verrückter wird es beim Ratgeber: Hier ist die Zielgruppe wieder besonders wichtig. Sprichst du deinen Leser mit du oder Sie an, oder belässt du es beim neutralen man? Das hängt ganz stark davon ab, um welches Thema es geht und welche Gruppe von Menschen du mit dem Buch erreichen willst.
6. Textlänge und Aufbau
Schwafeln sorgt dafür, dass deine Leser einschlafen. Im besten Fall. Im schlechtesten Fall erzählen sie herum, wie schlecht sie dein Buch finden. Deshalb gilt: Dein Text (oder dein Buch) ist fertig, wenn du alles gesagt hast. Punkt.
Je nachdem, ob du einen Roman oder einen Ratgeber schreibst, solltest du neben der Gesamtlänge auch den Aufbau bzw. die Gliederung deines Buchs optimieren. So ist es bei einem Roman z.B. wichtig, dass deine Figuren regelmäßig wiederkehren und du nicht einen Handlungsstrang für viele, viele Seiten aus den Augen verlierst. Und ein Ratgeber sollte logisch aufeinander aufbauen, damit du deinen Leser ans Ziel bringen kannst.
7. Sei du selbst
Wenn du anderen Autoren, die dich beeindruckt haben, nacheiferst, ist das per se natürlich erst mal kein Problem. Aber wenn du sie in Sachen Stil kopierst, ist das weder für dich befriedigend noch ein Zeichen deiner Schreibkraft.
Viel besser: Hör auf deine innere Stimme und schreib mit deinen eigenen Worten. Als Anfänger ist es natürlich völlig okay, sich von der Schreibart der Vorbilder leiten zu lassen, aber spätestens wenn du etwas veröffentlichen willst, sollte der Text aus dir kommen – egal ob Blog, Kurzgeschichte, Ratgeber oder Roman.
4 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Hallo Christine,
wirklich gut geschriebener Blogartikel. Gerne lese ich Blogbeiträge wie diese von dir. Danke dir dafür.ich schreibe auch für ein Unternehmen Blog für Fachübersetzungen. Ich werde deine Punkte in Zukunft mehr berücksichtigen und dann mal die Analysen auswerten.
Ps. Sorry für die Schreibfehlern ich bin Niederländerin.
Liebe Grüßen,
Anja
Liebe Anja,
wie schön zu hören, dass meine Artikel auch in den Niederlanden Autoren-Kollegen erreichen und dir dabei helfen, noch besser zu schreiben. Ich freue mich, wenn du zwischendurch auf meiner Seite vorbeischaust, auch wenn es in letzter Zeit hier etwas ruhiger war. Das wird sich aber bald wieder ändern und dann kommen auch wieder neue Artikel.
Liebe Grüße (ich bin übrigens auch gerade in den Niederlanden),
Christine
Ein klasse Artikel mit professionellen Tipps, auch für Einsteiger. Wichtig finde ich, dass man authentisch bleibt und sich selbst treu. Alles andere, insbesondere wenn es aufgesetzt ist, fällt den Lesern auf Dauer auf. Blogge selbst zum Thema Kommunikation und bin immer dankbar für kollegiale Hinweise.
Mit besten Grüßen
Jörg
Lieber Jörg,
vielen Dank für dein Lob – ich finde es wahnsinnig wichtig, meinen Lesern etwas mitzugeben, das sie gebrauchen können, denn genau das erwarte ich auch von anderen Blogs, auf denen ich Leser bin. Sonst komme ich nämlich (leider) nur ein Mal. Wünsche dir alles Gute für deinen Blog und das Schreiben!
Viele Grüße, Christine